Sonntag, 2. Dezember 2012

Wie man sich ändern kann

Voraussetzung für Veränderungsprozesse ist die Bereitschaft, etwas ändern zu wollen. „The readiness is all“, sagt Horatio in Hamlet.

Was es zudem braucht, ist Motivation, entweder eine positive (ich will) oder eine negative (ich muss).
Nehmen wir das Erlernen einer Sprache. Manche sind von sich aus motiviert, sei es, dass sie die Sprache (der Ton, das kulturelle Umfeld etc.) begeistert, sei es, dass sie sie lernen müssen, um mit bestimmten Menschen verbal kommunizieren zu können. Anderen hingegen fehlt die Neugier, das Interesse, der Antrieb, sie müssen erst motiviert werden.

Wie motiviert man? Indem man Geschichten erzählt. Zum Beispiel diese hier von Saint-Exupéry: Stellen Sie sich eine Gruppe von Menschen an einem Fluss vor. Es gibt weder eine Brücke noch eine passierbare Stelle, um auf die andere Seite zu gelangen. Als einzige Möglichkeit bleibt, ein Boot zu bauen. Niemand aus der Gruppe hat bisher ein Boot gebaut, niemand weiss, wie das geht. Wie motiviert man nun eine solche Gruppe, ein Boot zu bauen? Indem man ihr Schritt für Schritt zeigt, wie ein Boot gebaut wird – das ist die eine Möglichkeit. Die andere ist, der Gruppe so lange von der anderen Seite des Flusses vorzuschwärmen, dass sie sich schlussendlich von sich aus und ohne Anleitung an den Bootsbau macht. Ich ziehe die zweite Variante vor.

Die Geschichten, die man erzählt, brauchen keine positiven zu sein. Erzähle ich zum Beispiel von den Fehlern, die ich selber in anderen Kulturen gemacht habe, wird mir die grösstmögliche Aufmerksamkeit sicher sein, denn so blöd wie ich will schliesslich niemand sein.

Auch brauchen die Geschichten keinen konkreten praktischen Bezug zu einer konkreten Problemstellung zu haben. So kann ich zum Beispiel davon erzählen, dass Fotografien nichts anderes als perfekte Illusionen sind – alles ist bekanntlich im Fluss, unser Hirn produziert keine festen Bilder mit Rahmen, die Bilder in unserem Kopf gehen übergangslos ineinander über. Und was soll mir eine solche Erkenntnis nützen? Nun ja, trotz der Tatsache, dass es Fotos gar nicht geben kann, gibt es sie. Der Grund? Wir kreieren sie. Und glauben an sie. Genauso wie wir die Welt, in der wir leben, kreieren. Und an sie glauben. „Man is made by his belief. As he believes, so he is“, sagt die Bhagavad Gita. Jedenfalls teilweise. Und das meint: wir können diese (unsere) Welt auch anders gestalten.

Hans Durrer, 2012

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